Reizblase: So beruhigen Sie eine gereizte Blase

Reizblase, Gesundheit, Leben
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Inhaltsverzeichnis

Reizblase – Kurz erklärt

  • In Deutschland leiden etwa 5 Millionen Menschen an einer Reizblase.
  • Betroffene verspüren am Tag häufig einen sehr starken Harndrang, wobei sie dann doch nur wenig wasserlassen.
  • Reizblase ist eine Ausschlussdiagnose, das heißt sie fällt erst wenn keine eindeutige Ursache gefunden werden kann.
  • Es ist wichtig ein paar Tage lang ein Miktions-Tagebuch zu führen um den Arzt bei der Diagnose zu unterstützen.
  • Um die Beschwerden zu lindern können u.a. Beckenbodentraining, Blasentraining und das Meiden von reizenden Nährstoffen, wie Grapefruits, Kohlensäure und Gewürze, helfen.

Die Reizblase, medizinisch als überaktive Blase bezeichnet, beeinträchtigt die Lebensqualität Betroffener sehr. Andauernd muss man plötzlich zur Toilette rennen, obwohl man dann doch nur wenige Mengen wasserlässt. Täglich wird man von der Angst geplagt, es nicht rechtzeitig zur Toilette zu schaffen. Am liebsten möchte man nur noch zu Hause bleiben.

In Deutschland leiden schätzungsweise fast 5 Millionen Menschen an einer Reizblase, dazu gehören 10 – 20 % der Erwachsenen in jüngeren bis mittleren Jahren und jede zweite ältere Person. Häufiger leiden Frauen als Männer unter diesem Problem. Die Dunkelziffer der Betroffenen ist jedoch recht hoch, denn viele Betroffene verschweigen aus Scham ihr Leiden.

Was sind die Symptome einer Reizblase?

Normalerweise hat eine Blase eine Kapazität von 400ml bis 600ml, wobei eine typische Blasenentleerung 200 ml bis 400 ml ist, mit 6 – 8 täglichen Toilettengängen etwa im 2,5-Stunden-Takt. Bei einer Reizblase verspürt die betroffene Person deutlich häufiger einen äußerst starken Harndrang, trotz dessen werden häufig nur sehr kleine Mengen Urin abgelassen. Dieser Harndrang kann auch sehr plötzlich auftreten, sodass es Betroffene nicht mehr rechtzeitig zur Toilette schaffen. Schmerzen beim Urinieren können auch auftreten. Prinzipiell ähneln die Symptome sehr, die einer Blasenentzündung, jedoch in geringerer Ausprägung und ohne nachweisliche Keime.

Wie wird eine Reizblase diagnostiziert?

Eine Frau sitzt auf der Toilette und haelt eine Inkontinenzbinde.
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Ähnlich wie beim Reizdarm ist die Reizblase eine Ausschlussdiagnose, das heißt, diese Diagnose fällt nur, wenn der Arzt oder die Ärztin nach der Diagnostik keine Ursache für das Leiden finden konnte. Um andere Ursachen auszuschließen, können folgende Untersuchungen eingesetzt werden: ein Anamnesegespräch, eine körperliche Untersuchung, ein Urintest, ein Harnrohrabstrich, eine Blutuntersuchung, eine Blasenspiegelung, eine Ultraschalluntersuchung oder Röntgenaufnahme und eine Restharnbestimmung. Gegebenenfalls wird auch eine Untersuchung der Uroflowmetrie und der Urodynamik durchgeführt. Außerdem werden die Patienten im Regelfall gefragt, ein Miktionstagebuch zu führen, damit der Arzt das Ausmaß des Problems einschätzen kann.

Was verursacht eine Reizblase?

Eine Reizblase ist keine Krankheit, der eine organische Veränderung zugrunde liegt. Sie ist lediglich ein Symptom, bei dem es schon bei geringer Füllung der Blase zu einem unwiderstehlichen Harndrang kommt. Der Harndrang entsteht dadurch, dass das Gehirn der Blasenmuskulatur meldet, dass sie sich zur Entleerung zusammenziehen muss. Wodurch diese Fehlsteuerung entsteht, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

Die Entwicklung der Reizblase wird durch häufige Harnwegsinfekte, hormonelle Änderungen während der Wechseljahre und auch psychische Belastung begünstigt. Zusätzlich kann bei Frauen eine Gebärmutter- oder Scheidensenkung und bei Männern eine gutartige Prostatavergrößerung eine Reizblase begünstigen.

Wie führt man ein Miktionstagebuch?

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie eine Reizblase haben, führen Sie zunächst ein Miktionstagebuch, in dem Sie die Menge von jedem Urinabgang und die aufgenommenen Trinkmengen notieren. Die Urinmenge messen Sie mit einem Messbecher, ungefähre Abschätzungen sind leider nicht genau genug. Das Tagebuch wird in Form von einer Tabelle geführt, mit den folgenden Spalten: Uhrzeit, Trinkmenge, Harndrang, Urinmenge, unwillkürlicher Urinverlust, Vorlagenwechsel und Notizen. Den unwillkürlichen Urinverlust können Sie bestimmen, indem Sie die Inkontinenzvorlagen wiegen, oder indem Sie einfach abtasten, wie feucht die Wäsche, oder Vorlage ist.

Generell hängt die Menge des Urinabgangs mit der Außentemperatur, der Trinkmenge und dem Fassungsvermögen der Blase zusammen. Demnach können Sie auch tägliche und saisonale Variationen erwarten.

Das Miktions-Tagebuch hilft Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin in der Diagnostik. Führen Sie das Miktions-Tagebuch mehrere Tage lang und füllen Sie es vollständig aus.

Im Folgenden erfahren Sie, welche Hausmittel bei einer Reizblase helfen können, dazu zählen Blasentraining, Beckenbodentraining, homöopathische Mittel und bestimmte Nahrungsmittel. Probieren Sie die Tipps doch einfach mal aus, damit auch Sie gesund leben können!

Wie kann man die Blase neu „erziehen“?

Für Abhilfe bei dem häufigen Harndrang kann ein spezielles Blasentraining sorgen, mit dem Sie Ihre Blase neu „erziehen“ können. Beginnen Sie damit, die Blasenentleerung bei Harndrang jedes Mal ein wenig hinauszuzögern.

Warten Sie zunächst 5 Minuten und steigern Sie nach einigen Tagen die Wartezeit um weitere 5 Minuten. Hierbei kann Ihnen auch helfen, wenn Sie sich eine Aufgabe aussuchen, die Sie vor dem Toilettengang noch erledigen wollen, z. B. „Ich beziehe vorher noch das Bett neu“, oder „Ich schreibe erstmal noch diese E-Mail fertig“. Zögern Sie auf diese Weise die Blasenentleerung immer weiter hinaus.

Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass Ihre Blase dabei Schaden nehmen könnte. Im Gegenteil: Durch dieses Training lernt sie wieder, sich an einen normalen Füllungszustand zu gewöhnen und nicht schon auf die geringste Füllung mit Harndrang zu reagieren. Unterstützen Sie dieses Training mit den beckenbodenkräftigenden Übungen.

Weitere Tipps: Wie kann ich länger anhalten?

Außer der oben genannten Herauszögerungstaktik, gibt es noch viele weitere Methoden, um den nächsten Toilettengang weiter hinauszuzögern.

  1. Versuchen Sie, sich weit nach vorne zu beugen, um die Blase zu verlagern.
  2. Lenken Sie sich ab, indem Sie zum Beispiel versuchen einen Artikel falsch herum zu lesen, oder zählen Sie alle Städte auf, in denen Sie schonmal waren.
  3. Druck gegen den Damm oder die Klitoris hilft ebenfalls, die Blase zu beruhigen. Diesen Druck können Sie entweder mit der Hand aufbauen oder mit dem Überkreuzen der Beine, wobei Ihre Oberschenkel den Druck auslösen. Diesen Druck können Sie auch dadurch erreichen, wenn Sie beim Sitzen ein Hohlkreuz machen.
  4. Es kann Ihnen auch helfen, wenn Sie schnell auf Ihren Füßen tippeln. (Diese und die vorherige genannte Taktik sieht man häufig auch bei Kindern.)
  5. Versuchen Sie, einen Bonbon zu lutschen. Der Druck gegen den oberen und unteren Gaumen kann ebenfalls helfen, den nächsten Toilettengang hinauszuzögern.

Welches Beckenbodentraining hilft gegen eine Reizblase?

Wenn die Beckenboden-Muskulatur sich anspannt, ist die Harnröhre geschlossen, bei nachlassender Muskelspannung öffnet sie sich. Machen Sie sich diese Tatsache zunutze, indem Sie die Muskulatur Ihres Beckenbodens trainieren. Damit sorgen Sie für einen festen Verschluss und wirken einer Inkontinenz entgegen.

Ehe Sie mit dem Training beginnen, sollten Sie allerdings zunächst ein Gefühl für die Beckenbodenmuskulatur bekommen. Halten Sie dazu während des Wasserlassens den Harnstrahl etwa eine halbe Minute lang an, und lassen Sie den Urin anschließend weiterlaufen.

Machen Sie diese Übung nur einmal, um Ihre Beckenbodenmuskulatur zu spüren. Zur täglichen Stärkung Ihres Beckenbodens haben sich die folgenden Übungen bewährt:

1. Aftermuskeln-Anspannen

Setzen Sie sich auf einen Stuhl und machen Sie den Rücken rund. Spannen Sie die Muskeln um den After fest an und ziehen Sie den After dabei nach oben. Halten Sie die Spannung und zählen Sie beim Ausatmen bis 10. Lassen Sie nun wieder locker.

2. Harnröhrenmuskeln-Anspannen

Kippen Sie Ihr Becken nach vorne, sodass ein Hohlkreuz entsteht. Atmen Sie ein und spannen Sie dabei die Muskeln rund um die Harnröhre kräftig an. Zählen Sie beim Ausatmen bis 10 und entspannen Sie anschließend die Muskeln.

Machen Sie dieses Training einmal täglich, wobei Sie jede Übung 10-mal wiederholen. Dieses Training ist sowohl für Frauen als auch für Männer geeignet.

Welche homöopathischen Mittel helfen gegen eine Reizblase?

Unterstützung kann Ihnen auch die Homöopathie bieten. Dazu sind besonders die folgenden Mittel geeignet:

  • Staphisagria, wenn Kummer und Demütigungen die Beschwerden auslösen oder wenn sie nach dem Geschlechtsverkehr auftreten
  • Dulcamara, wenn die Beschwerden aufgrund von Kälte oder Nasswerden entstehen
  • Thuja bei häufigem, heftigem Harndrang mit dem Gefühl, dass die Blase nach dem Urinieren nicht vollständig entleert ist
  • Sarsaparilla bei Blasenkrämpfen während dem Wasserlassen und nur tropfenweiser Urinentleerung
  • Echte Goldrute und Bärentraube sind Heilpflanzen und können in der Kombination bei akuten Symptomen helfen. Sie wirken antientzündlich und beruhigen somit die gereizte Blase. Echte Goldrute führt zu einer verstärkten Wasserausscheidung und hilft somit, die Harnwege von bakteriellen Erregern zu befreien. Zusätzlich hilft es, den Blasenmuskel zu entspannen.

Bei den ersten 4 Mitteln, machen Sie sich von dem passenden Mittel mit 5 Globuli der Potenz C6 in einem Glas abgekochtem Leitungswasser eine Wasserauflösung. Trinken Sie davon jede Viertelstunde einen Schluck bis zur Besserung. Stoppen Sie die Einnahme, wenn Sie Erleichterung verspüren. Bei der Echten Goldrute und der Bärentraube, lesen Sie bitte die Verpackungsbeilage oder reden Sie mit Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin, Ihrem Apotheker oder Ihrer Apothekerin zur Dosierung.

Welche Lebensstilumstellungen helfen gegen eine Reizblase?

  1. Es ist sehr verleitend weniger zu trinken, in der Hoffnung, dass man dann weniger zur Toilette muss. Jedoch ist dieser Gedanke leider fatal. Bei zu geringer Trinkmenge wird der Urin stark konzentriert und reizt die Blase zusätzlich. Daher ist es wichtig, dass Sie gleichmäßig am Tag verteilt, 1,5 – 2 Liter (stilles Wasser, oder Kräutertee) trinken. Achten Sie darauf, dass Ihr Urin immer hellgelb ist.
  2. Um die Blase nicht noch mehr zu strapazieren, sollten Sie nicht maßlos viel trinken.
  3. Versuchen Sie ab 2 Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr zu trinken, um nächtliche Toilettengänge zu meiden.
  4. Weitere Heilpflanzen mit beruhigender Wirkung auf die Blase sind Kürbiskerne und Preiselbeeren bzw. Cranberrys, diese können roh, als Saft oder auch als Kapseln eingenommen werden.
  5. Nahrungsmittel mit Betacarotin (Provitamin A) stärken das Immunsystem und helfen so bei der Vorbeugung weiterer Infekte der Harnwege.
  6. Nahrungsmittel, die die Blase noch weiter reizen sind Birnen, Grapefruits, Spargel, Petersilie, Grapefruitsaft, Kaffee, Alkohol, Kohlensäure, Cola, Schwarztee, Tomaten, Gewürze (wie Chili und Ingwer), Zitrusfrüchte oder Aroma-, Süß- und Konservierungsstoffe und sollten demnach gemieden werden.
  7. Nikotin fügt auch zur Reizung der Blase hinzu und sollte vermieden werden.
  8. Auch das Übergewicht belastet die Blase, daher sollte ein gesundes Gewicht angestrebt werden.
  9. Verstopfung fügt zum Druck auf der Blase hinzu und sollte demnach so gut wie möglich vermieden werden.
  10. Die Blase kann auch von psychischem Stress gereizt werden. Reflektieren Sie daher, welche Bereiche in Ihrem Leben Ihnen Stress bereiten. Suchen Sie sich außerdem Entspannungsübungen, wie z. B. Massagen, Yoga, Akupunktur, Atemübungen, Spaziergänge oder Sport.
  11. Psychischer Stress kann auch von der Angst stammen, es nicht rechtzeitig zur Toilette zu schaffen. Suchen Sie sich daher eine gute Inkontinenzbinde, damit Sie entspannter durch den Tag gehen können.
Ein Mann trinkt Wasser aus einem Glas und steht in der Kueche.
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Es ist wichtig genügend Wasser zu trinken, damit die Blase nicht zusätzlich gereizt wird.

Wie behandelt die Schulmedizin die Reizblase?

Letztendlich gibt es auch Medikamente, sogenannte Anticholinergika, um die Symptome zu lindern. Sollten die Medikamente nicht genügend helfen, gibt es noch die Möglichkeit eines endoskopischen Eingriffs. Hierbei wird das Nervengift Botulinum unter die Harnblasenwand gespritzt. Der Effekt hält etwa 6 bis 9 Monate an und muss demnach danach wiederholt werden. Die Wiederholung vom Eingriff lässt sich häufig mit den Medikamenten noch etwas länger hinauszögern.