Schluss mit Bettruhe: Die Vorteile von Bewegung bei Krankheit
Früher war es normal, dass der Arzt bei vielen Erkrankungen Bettruhe verordnet hat. Dieser Rat ist heute jedoch überholt: Forscher wissen längst, dass längere Bettruhe oft mehr schadet als nützt. Mediziner empfehlen daher auch bei Krankheit Bewegung. Doch warum ist das so? Und wie gelingt es, auch bei schwereren Erkrankungen in Bewegung zu bleiben?
Schadet die Bettruhe der Gesundheit?
Bettruhe schwächt den Körper und führt dazu, dass er Leistungsfähigkeit verliert. Zu langes Ruhen kann sich negativ auf den Kreislauf, die Muskeln und die Lunge auswirken und Beschwerden sogar verschlimmern.
Trotzdem: Wer sich nicht gut fühlt, und sei es auch nur aufgrund eines leichten Infekts, bevorzugt oft die Bettruhe. Viele Kranke versuchen sich gesund zu schlafen. Doch damit erreichen Sie nicht selten das Gegenteil.
Schon nach einem bis zwei Tagen machen sich die negativen Auswirkungen der Bettruhe bemerkbar. Sowohl der Kreislauf als auch die Muskulatur ist betroffen: Der Blutdruck sinkt, die Wahrscheinlichkeit für Verspannungen steigt.
Mangelnde Bewegung bei Krankheit: Diese negativen Folgen drohen
Eine längere Bettruhe bleibt nicht ohne Wirkung auf den Körper. Die fehlende Bewegung kann unter anderem zu folgenden Beschwerden führen:
- steife Gelenken
- Verdauungsprobleme
- Blähungen
- niedriger Blutdruck
- erhöhter Blutzuckerspiegel
- Lungenentzündung
- Thrombose
- Verringerung der Muskelmasse
Und das nicht erst nach tage- oder wochenlangem Liegen. Schon nach 48 Stunden Bettruhe können die ersten Anzeichen auftreten. Dazu zählen in der Regel vor allem Kreislaufprobleme. Beim Aufstehen wird den Patienten schwindelig – es droht Ohnmacht und Sturzgefahr. Auch Blähungen oder andere Verdauungsprobleme machen sich bereits nach kurzer Bettlägerigkeit bemerkbar. Wird der Körper einige Tage lang nicht belastet, hat dies auch Folgen für Gelenke und Muskeln.
Bettruhe als Gefahr: Diese Risiken sollten Sie kennen
Mangelnde Bewegung bei Krankheiten kann zu zahlreichen Komplikationen führen – denn durch das Liegen steigt das Risiko für Thrombosen (Blutgerinnsel) und Embolien. Der Grund: Beim langen Liegen verlangsamt sich der Blutfluss in den Beinvenen. Gerinnsel können so leichter entstehen. Reißt der Blutstrom nun Blutklumpen mit sich, können sie auf diese Weise in die Lunge wandern und dort Embolien verursachen.
Die Lunge ist noch auf eine weitere Art und Weise gefährdet. Denn im Liegen atmet der Mensch deutlich flacher. Es kommt zu mangelhafter Durchblutung der Lunge und damit zu einem gesteigerten Risiko für Lungenentzündungen. Doch die gute Nachricht lautet: Wer auch während einer Krankheit in Bewegung bleibt, kann diese Risikofaktoren minimieren.
Ist lange Bettruhe bei Krankheiten überholt?
Studien weisen darauf hin, dass die Bettruhe nicht immer vorteilhaft ist. So profitieren beispielsweise Patienten mit Rückenschmerzen von leichter Bewegung.
Wir wissen heute zudem, dass lange und strenge Bettruhe bei vielen Erkrankungen gar nicht mehr angebracht ist. So konnten Wissenschaftler der Universität Melbourne (Australien) nachweisen, dass sich Schlaganfallpatienten so schnell wie möglich wieder bewegen sollten.
Sie hatten über 70 Schlaganfallpatienten beobachtet. Dabei stellten sie fest, dass jeder dritte Betroffene, der sich einen Tag nach dem Schlaganfall wieder bewegte, nach Hause entlassen werden konnte. Zusätzliche Reha-Maßnahmen waren nicht nötig. Bei denen, die eine längere Bettruhe hielten, traf dies nur auf jeden vierten Patienten zu. Außerdem konnten die Forscher beobachten, dass Begleiterscheinungen wie Thrombosen, Lungenentzündungen und Kreislaufprobleme bei denen, die sich schnell wieder bewegten, um 50 Prozent seltener auftraten (Bernhardt et al., 2015).
Ein weiterer klassischer Fall, bei dem früher fast immer Bettruhe verordnet wurde, sind Rückenschmerzen. Auch hierbei ist der Rat überholt – leider gibt es immer noch Ärzte, die Bettruhe verordnen. Die Folgen sind gravierend, denn durch diese ärztlich verordnete Schonung können sich die Schmerzen noch verstärken. Viel besser und heilsamer ist es, sich mäßig, aber doch regelmäßig zu bewegen. Sie stärken auf diese Weise Ihre Rückenmuskeln. So können Sie zum Beispiel – je nach Zustand – langsam spazieren gehen, aber auch Fahrrad fahren. Für ein gesundes Leben ist Bewegung absolut unerlässlich.
Welche Vorteile bietet Bewegung bei Krankheit?
Bewegung bei Krankheit kann dazu beitragen, Bluthochdruck und den Blutzuckerspiegel zu senken – das ist beispielsweise für Diabetiker sehr vorteilhaft. Außerdem lindert die körperliche Aktivität Arthrose und beugt Übergewicht vor.
Ein weiteres Plus: Durch mäßige Aktivität auch während einer Krankheit beugen Sie den oben beschriebenen Nachteilen der Bettlägerigkeit vor. Ihre Muskeln bleiben stark und ihre Leistungsfähigkeit bleibt erhalten. Das steigert nicht nur die Lebensqualität, sondern stellt auch für das Gehirn eine willkommene Abwechslung zum Liegen dar.
Dabei ist es egal, welcher Sportart Sie nachgehen. Schonendes Training im Fitnessstudio kommt genauso in Frage wie ein Spaziergang. Hauptsache Sie machen etwas Sport. Wichtig ist, dass der Sport auf Ihre individuelle Erkrankung und Ihre Behandlung abgestimmt ist. Diese drei Gründe sprechen dafür, auch bei Krankheit moderat aktiv zu bleiben.
1. Bluthochdruck mit körperlicher Aktivität senken
Sport eignet sich nicht nur für die Prävention von Bluthochdruck. Auch wenn Sie bereits unter zu hohen Werten leiden, profitieren Sie von Bewegung. Die sportliche Aktivität hilft beispielsweise dabei, der Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) entgegenzuwirken – so werden die Gefäßwände elastischer. Zudem sind die Gefäßwände weiter gestellt, wodurch der Blutdruck ebenfalls sinkt.
Vor allem Ausdauertraining und Kraftsport sind für Patienten mit Bluthochdruck gut geeignet. Achten Sie jedoch auf die richtige Intensität, sodass Sie Ihren Körper und Ihr Herz nicht zu stark belasten. Passende Sportarten sind neben Nordic Walking und Radfahren beispielsweise auch Schwimmen.
2. Bewegung bei Diabetes: Möglichkeit, den Blutzuckerspiegel zu senken
Nicht nur falsche Ernährung und Übergewicht begünstigen Diabetes Typ2. Auch Bewegungsmangel zählt zu den Hauptursachen. Deshalb sollten betroffene Menschen regelmäßig Sport treiben. Denn die körperliche Aktivität kann den Blutzuckerspiegel senken. Nach dem Training ist der Glukosestoffwechsel bis zu 48 Stunden lang verbessert. Experten empfehlen Diabetikern deshalb, nicht länger als zwei Tage auf Sport zu verzichten.
Schon gewusst? Ausreichend Bewegung kann sogar dazu führen, dass Diabetiker die Dosierung ihrer Medikamente reduzieren können. Allerdings darf die Umstellung immer nur in Rücksprache mit einem Arzt erfolgen.
3. Bettlägerigkeit oder Bewegung bei Krebs?
Sport kann das Risiko an Krebs zu erkranken senken. Denn die körperliche Aktivität stärkt das Immunsystem, sodass dieses Zellveränderungen im Körper frühzeitig erkennen kann.
Doch auch wenn eine Krebserkrankung bereits diagnostiziert wurde, sollte das Training nicht komplett aufgegeben werden. Wenn Sie während der Therapie weiterhin mäßiges Ausdauertraining oder Kraftsport betreiben, kann dies dabei helfen, die Nebenwirkungen der Behandlung besser zu verarbeiten.
Wichtig: Selbstverständlich sollten Sie den Sport an ihre individuelle Leistungsfähigkeit anpassen, damit Sie Ihren Körper nicht überfordern.
Wie kann man bei Bettruhe fit bleiben?
Auch bettlägerige Menschen sollten nicht komplett auf Bewegung verzichten. Das Laufen von kurzen Strecken in der Wohnung oder auch das aufrechte Sitzen im Bett zählen dabei schon als Aktivitäten, die gesundheitsförderliche Effekte mit sich bringen und die Muskulatur geschmeidig halten.
Dennoch gibt es Krankheitszustände, die strikte Bettruhe erfordern – unter Umständen sogar länger als eine Woche. Das ist nach einem Herzinfarkt genauso wie nach einer Lungenerkrankung, nach Stürzen oder anderen Verletzungen sowie nach einer frisch aufgetretenen Thrombose der Fall. Bei fiebrigen Erkrankungen wird Ihnen wahrscheinlich ebenfalls der Sinn eher nach Bettruhe als nach Bewegung stehen. Aber auch in diesen Situationen gilt: Sie sollten sich bewegen – so viel wie Ihr Gesundheitszustand eben zulässt.
Muskulatur im Liegen stärken
Auch im Liegen können Sie viel für die Muskulatur tun. Wie wäre es mit Gymnastik für die Beinmuskeln? Dazu ziehen Sie einfach, während Sie auf dem Rücken liegen, Ihre Zehenspitzen zum Körper. So bauen Sie eine Muskelspannung auf, die Sie zehn Sekunden lang halten. Dann lösen Sie die Spannung und wiederholen die Übung insgesamt zehnmal. Diese kleine Übung können Sie immer wieder durchführen, am besten mindestens morgens und abends. So verringern Sie übrigens auch Ihr Thromboserisiko effektiv.
Sorgen Sie dafür, dass Sie genügend Sauerstoff aufnehmen, um zum Beispiel eine Lungenentzündung zu vermeiden. Dazu stellen (oder, wenn das nicht geht, setzen) Sie sich vor ein geöffnetes Fenster und atmen mindestens zehnmal hintereinander so tief wie möglich durch.
Tipp: Müssen Sie wirklich länger liegen, könnte ein Beintrainer aus dem Sportfachhandel eine gute Anschaffung sein. Hierbei handelt es sich um zwei Pedale, mit denen Sie Fahrrad fahren können. Das kleine Gerät können Sie auch im Bett verwenden.
Schon gewusst? Wenn Sie wegen eines Infekts zu Hause bleiben müssen, können Sie sich übrigens durchaus tagsüber normal bewegen. Nur wenn Sie sich wirklich krank und schlapp fühlen, unter Kopfschmerzen und Schwindel leiden oder Fieber hinzukommt, sollten Sie einen bis zwei Tage im Bett bleiben.
Tipps für mehr Bewegung bei Krankheit
Um während einer Krankheit aktiv zu bleiben, müssen Sie nicht unbedingt ins Fitnessstudio gehen. Oft reichen schon kleine Übungen, um den Körper wieder in Schwung zu bringen. Probieren Sie beispielsweise folgende Tipps aus:
- Einen Knautschball nutzen, um Muskeln an Armen und Händen zu stärken
- Aktivieren Sie Ihren Kreislauf, indem Sie sich an der Bettkante aufsetzen
- Wenn Sie im Krankenhaus sind, können Sie sich am Dreiangel-Griff über dem Bett hochziehen
- Regen Sie Ihren Kreislauf an, indem Sie duschen gehen
- Wenn möglich auf Bettflasche, Toilettenstuhl und andere Hilfsmittel verzichten und die Toilette im Bad benutzen
Je nach Beschwerden können richtige Sporteinheiten zu anstrengend für den Körper sein. Daher ist es wichtig, kleine Aktivitäten in den (Krankheits-)Alltag einzubauen. So halten Sie die Muskeln aktiv und sind nach der Krankheit schnell wieder auf den Beinen.
Körperliche Aktivität ist auch bei Krankheit unverzichtbar
Wer krank ist, möchte sich oft nur schonen. Das ist zum einen auch richtig, dennoch sollte die Bettruhe hin und wieder von kleinen Aktivitäten unterbrochen werden. Anderenfalls kann der Bewegungsmangel negative Folgen für den Körper haben – diese reichen von kleineren Beschwerden über Muskelschwund und Probleme mit dem Herz bis hin zu Thrombose.
Je nach Leistungsfähigkeit bieten sich verschiedene sportliche Aktivitäten für kranke Menschen an. Wer sich größtenteils fit fühlt, kann ein leichtes Ausdauertraining wie Nordic Walking oder Fahrradfahren absolvieren. Oft reicht auch schon ein kleiner Spaziergang, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Und auch wer im Bett bleiben muss, kann dem eigenen Körper etwas Gutes tun. Leichte Übungen wie gezieltes Muskelanspannen ermöglichen auch bei Bettruhe ein gewisses Maß an Bewegung.