Sprechen Sie mit- statt gegeneinander – So vermeiden Sie Missverständnisse

Psychotherapeut mit Patientin
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Missverständnisse entstehen meist aus heiterem Himmel. Grund sind häufig Aussagen, bei denen Sie sich vielleicht wundern, warum man Sie missverstehen konnte – Sie haben sich doch deutlich ausgedrückt. Leider aber war Ihrem Gegenüber das nicht deutlich genug. Die Folge ist oft ein heftiger Streit. Ich zeige Ihnen, warum es schnell zu Missverständnissen kommen kann, wie Sie diese klären und in Zukunft vermeiden können.

Es ist nicht einfach, sich zu verstehen. Wenn Sie eine Aussage machen, haben Sie bestimmte Bilder im Kopf, machen sich Vorstellungen, erstellen Assoziationen. Ihr Gegen­über aber hat diese Bilder und Vorstellungen nicht. Er hört zunächst einmal nur Ihre Frage oder Aussage und knüpft daran dann seine Vorstellungen und Bilder. So bringt jeder Mensch seine subjektive Sicht mit in eine Frage – und schon ist sie gar nicht mehr eindeutig.

So können Sie zum Beispiel eine Bekannte fragen, ob sie nicht Lust hat, mit Ihnen in der nächsten Zeit etwas zu unternehmen. Sie haben in Gedanken das nächste Wochenende vor Augen. Ihre Bekannte entgegnet, dass sie das durchaus tun könnten. Sie geht davon aus, dass Sie zusammen irgendwann einmal irgendetwas machen. Natürlich kann sie gar nicht ahnen, dass Sie mit ihr am Wochenende einen Kaffee trinken wollen. Vielmehr hat sie Ihnen eine vage Zusage für eine nicht näher definierte Unternehmung gegeben.

Kommunizieren Männer und Frauen unterschiedlich?

Aber viel häufiger kommt es zu Missverständnissen zwischen Männern und Frauen. Es ist nämlich tatsächlich etwas dran an der Aussage, dass Männer und Frauen anders „ticken“ und daher auch anders kommunizieren. Manchmal geht das so weit, dass man meinen könnte, beide sprechen nicht die gleiche Sprache. So fassen Männer bestimmte Aussagen anders auf als Frauen. Wenn eine Frau um etwas bittet, dann möchte sie das häufig sofort erledigt wissen – zum Beispiel wenn sie ihn fragt, ob er den Müll herunterbringen könne. Wahrscheinlich ist der Eimer voll oder der Müll stinkt. „Mann“ versteht das Wort „können“ aber als Möglichkeit – er kann es irgendwann demnächst einmal machen, sicher. Und schon ist der Streit da. Er hatte dann vor, in den nächs­ten zwei, drei Tagen den Müll mit zur Tonne zu nehmen – an die ­Variante, dass er es sofort machen soll, denkt er überhaupt nicht.

Wie vermeiden Sie Missverständnisse?

Der beste Schritt wäre natürlich, wenn Sie die Entstehung von Miss­verständnissen ganz vermeiden. Das funktioniert, indem Sie genau sagen, was Sie wollen – und bei Ihrem Gegenüber nachfragen, wie er Sie verstanden hat. Klingt leicht, oder? Ist es aber nicht. Denn viele Menschen gehen davon aus, dass sie sich doch schon klar und deutlich ausdrücken bzw. dass sie den anderen richtig verstanden haben. Sie sollten daher überprüfen, wie klar Sie sich ausgedrückt haben – gerade wenn es wieder mal zu einem Missverständnis gekommen ist. Sprechen Sie mit Ihrem Gegenüber darüber, was soeben passiert ist. Fragen Sie,

  • was Sie gesagt haben,
  • wie Sie es ausgedrückt haben,
  • ob klar geworden ist, wie wichtig Ihnen Ihre Aussage war.

Am Anfang mag Ihnen dieses Nachfragen sehr seltsam vorkommen. Nutzen Sie es aber gezielt, vor allem bei Themen, die Ihnen wichtig sind bzw. Ihnen am Herzen liegen. Allerdings dürfen Sie bei Ihrem Gegenüber keinesfalls den Eindruck erwecken, dass Sie ihm etwas nicht zutrauen bzw. ihm generell misstrauen. Entscheidend ist daher, dass Sie bei diesen Fragen einen ruhigen, sachlichen Ton wählen. Werden Sie laut oder beleidigend, kommt es zu neuen Missverständnissen und damit zu neuem Streit.

Fragen Sie genau und erkennen Sie so die wirklichen Wünsche

Gerade wenn Sie mit Ihrem Partner schon lange zusammen sind, sind Sie wahrscheinlich der Meinung, dass Sie sich blind verstehen. Das ist häufig aber nicht der Fall. Überlegen Sie einmal, wie oft Sie sich fragen, warum Ihre Bitten oder Wünsche nicht erfüllt werden. Meist ist auch hier die falsche Ausdrucksweise schuld. Daher sollten Sie auch in einer lang andauernden Beziehung immer einmal wieder nachfragen, ob Sie sich klar genug ausdrücken – oder richtig verstanden haben, was Ihr Partner gerade gesagt hat. Letzteres ist vor allem wichtig, wenn Ihr Partner einen Wunsch oder eine Bitte geäußert hat. Erkundigen Sie sich dann ruhig einmal danach …

  • was er wirklich meint. Denn häufig fangen wir an, Aussagen zu interpretieren und ihnen damit eine Richtung zu geben, die sie gar nicht haben. Dabei war häufig der Wunsch der Vater des Gedanken – Sie haben gehört, was Sie hören wollten.
  • ob Sie ihn richtig verstehen. Sie drücken den Wunsch oder die Bitte noch einmal mit Ihren Worten aus. So erklären Sie, was bei Ihnen angekommen ist. Ihr Partner hat nun die Chance, seine Aussage richtigzustellen, wenn Ihre Deutung nicht zutrifft.
  • was er genau von Ihnen erwartet. Mit dieser Frage lernen Sie nach und nach, Ihren Partner wirklich zu verstehen. Und Sie wissen, was er von Ihnen erwartet – jetzt können Sie entscheiden, ob Sie diese Erwartung erfüllen wollen oder nicht. So vermeiden Sie schwerwiegende Enttäuschungen – gerade wenn Ihr Partner eine Bitte oder einen Wunsch geäußert hat, an dessen Erfüllung ihm sehr viel liegt.

Gehen Sie dem Missverständnis im Nachhinein auf den Grund

Wenn es zu einem Missverständnis gekommen ist, reagieren die meisten Menschen nach der Vogel-Strauß-Methode: Sie stecken den Kopf in den Sand und wollen das Thema ruhen lassen. Denn es könnte ja, durch eine erneute Diskussion, wieder zu Streit und neuen Miss­verständnissen kommen. Trotzdem ist es wichtig, dass Sie sich noch einmal mit der Situation befassen, vielleicht auch erst nach zwei, drei Tagen, wenn Sie und Ihr Gegenüber sich wieder beruhigt haben. Überlegen Sie Folgendes:

  • Was war die Ursache des Streits? Legen Sie hier noch einmal ruhig und sachlich dar, was Sie beide gesagt haben – und wie der Gegenüber es aufgefasst hat. Vorsicht: Hier kann es ganz schnell wieder zu neuem Streit kommen! Zwingen Sie sich daher beide dazu, sachlich zu bleiben und nur zu wiederholen, was Sie geäußert haben.
  • An welcher Stelle kam es zu einem Missverständnis? Versuchen Sie, Ihrem Gegenüber klarzumachen, wo und wann Sie sich miss­verstanden gefühlt haben. Dann kann er schildern, wo aus seiner Sicht ein Missverständnis entstanden ist. Wichtig: Es geht hierbei nicht darum auszufechten, wer stärker missverstanden wurde. Vielmehr sollen Sie beide ergründen, warum Sie aneinander vorbeigeredet haben und wie es zu dem Missverständnis gekommen ist. Nur so können Sie Missverständnisse in Zukunft umgehen.
  • Wie vermeiden Sie Missverständnisse in Zukunft? Hier ist Ihre Eigeninitiative gefordert. Reden Sie darüber, was Sie sich voneinander wünschen und wie Ihre Kommunikation in Zukunft aussehen soll. Halten Sie für den Anfang ruhig schriftlich fest, wie und in welcher Form Sie wann nachfragen, was gemeint war und welche Informationen Sie direkt in Bitte und Anrede übermitteln wollen. Kleben Sie sich den Zettel dahin, wo Sie ihn immer wieder sehen, und zwingen Sie sich, diese Regeln beim Gespräch auch einzuhalten. Das wird nicht sofort gelingen – aber nach und nach werden Sie sich weniger missverstehen.